Kopf Rühler Bimmel von Wutha nach Ruhla 1880 bis 1967

Startseite | Geschichte | Wutha | Farnroda | Thal | Ruhla | Erkunden | Dokumente | Impressum



Überquerung der F88
Bild 1: Überquerung der F88 (heute B88)
beim Niet- und Nagelwerk.
Seitenwechsel

Aus Richtung Wutha kommend fuhr die Bahn direkt rechts neben der Chaussee. Am Ortseingang Thal (Wegpunkt "Seitenwechsel", Koordinaten N 50° 55.471 E 010° 23.794) wechselte sie auf die linke Straßenseite. Weiter ging es auf dem Streifen des heutigen Fußweges zwischen Straße und Erbstrom, an dem ehemaligen Metallwerk Wilhelm Naber (später VEB Niet- und Nagelwerk, heute Gesipa) vorbei, Richtung Bahnhof Thal.

Spuren

Das Metallwerk besaß bei Kilometer 4,2 einen eigenen Gleisanschluss für den Gütertransport, links neben der Bahntrasse, wo der Flusslauf etwas zurück springt und unter dem heutigen Parkplatz verläuft (Wegpunkt "Gleisanschluss T1", Koordinaten N 50° 55.403 E 010° 23.778). Auf der Zeichnung und dem Foto ist er beim genaueren Hinschauen zu erkennen.
Zeichnung des Metallwerks Naber
Bild 2: Zeichnung des Metallwerks Naber.
Rote Pfeile zeigen auf Gleisanschluss.

Foto des Gleisanschlusses
Bild 3: Gleisanschluss des Niet- und Nagelwerkes.

Von einer einheimischen Kollegin bekam ich ein Video in die Hände, das einen typischen Tag im Niet- und Nagelwerk im Jahre 1967 darstellt. Die Ausschnitte daraus, die die Rühler Bimmel und die Aktivitäten am Gleisanschluss zeigen, habe ich zu einem kurzen Video zusammengeschnitten. Es ist leider ohne Ton.
Video 1: Rühler Bimmel 1967 am
Gleisanschluss des Niet- und Nagelwerkes.

Von dem ehemaligen Metallwerk sind noch alte Gebäude im süd-östlichen Bereich des Geländes vorhanden.



Gleisplan

Gleisplan Bahnhof Thal
Zum Vergrößern anklicken!
Bahnhof Thal

(Wegpunkt "Bahnhof Thal", Koordinaten N 50° 55.143 E 010° 23.597)
  
Der Zwischenbahnhof Thal bei Kilometer 4,8, dessen Hauptgebäude heute noch gut erhalten ist, bestand aus dem Hauptgleis mit einem 75 m langen Bahnsteig für den Personenverkehr und zwei Nebengleisen für den Güter- und Gepäckverkehr. Letztere waren an ihrem jeweiligen nördlichen Ende gegenüber dem Hauptgleis etwas erhöht, um kein Gefälle zu haben und so abgestellte Wagons besser be- und entladen zu können. Verladen wurde hauptsächlich Holz und Schwerspat.

Der vorher unbedeutende Ort Thal entwickelte sich ab ca. 1860 zu einem bekannten und beliebten Erholungsort. Zwischen Bahnhof und altem Ortskern baute man ein Kurhaus (heute das Hotel Thalfried) mit Badeanstalt (das ehemalige Luisenbad). Kurpromenaden, eine Freibad und die 1888 entdeckte Kittelsthaler Tropfsteinhöhle rundeten das Angebot ab. Die Erschließung des Ortes mit einer Eisenbahn für Fernreisende unterstütze diese Entwicklung in erheblichem Maße. Die Zahl der Kurgäste und Touristen erhöhte sich deutlich und Bad Thal wurde überregional bekannt.

Dokumente des Archivs der Stadt Ruhla lassen vermuten, dass nach 30 Jahren Betrieb der Rühler Bimmel wie bei den anderen Bahnhöfen und Haltepunkten auch am Bahnhof Thal um 1910 herum Erweiterungs- oder Erneuerungsarbeiten stattgefunden haben. Belegt ist der Bau des befestigten und erhöhten Bahnsteiges in dieser Zeit. Auch am Bahnhofsgebäude fanden im Laufe der Zeit mehrfach Um- und Anbauten statt. Eine Zeit lang gab es zwei Warteräume für die II. und III. Klasse mit jeweils eigenem Eingang und eigenen Fahrkartenausgaben.

Im Zuge der bevorstehenden Stilllegung der Rühler Bimmel wurde Thal 1966 zur Haltestelle herabgestuft und das Bahnhofspersonal abgezogen. Nach Einstellung des Bahnbetriebes wurde über die Weiternutzung des Gebäudes gestritten - sowohl die Post als auch der Fremdenverkehr bzw. die Kurverwaltung meldeten Bedarf an. Es wurde eine Post - der Name der hiesigen Bushaltestelle erinnert daran. Heute befindet sich Gastronomie darin.



Engstelle an der Klosterkirche
Bild 5: Engstelle an der Klosterkirche
Spuren auf dem Weg Richtung Ruhla

Weichenstellbock

Gegenüber vom Schreiberbrunnen ist im Garten eines Hauses ein Weichenstellbock der Rühler Bimmel aufgestellt (Wegpunkt "Weichenstellbock", Koordinaten N 50° 54.851 E 010° 23.370). Er stammt vom Bahnhof in Ruhla. Zu erkennen ist das schwarz-weiß lackierte Weichen- bzw. Stellgewicht, das die Weiche in der jeweiligen Endlage hielt, und der Fuß des Weichensignals. Der Signalquader fehlt allerdings und wurde durch eine Holzplatte angedeutet. Ebenso ist kein Weichenhebel erkennbar, mit dem der Weichenwärter die Weiche mit Muskelkraft umgestellt hat.


Engstelle an der Klosterkirche

An der Kirche des ehemaligen Wilhelmiten-Klosters Weißenborn (Wegpunkt "Thal - Kloster", Koordinaten N 50° 54.790 E 010° 23.348) wurde es durch den Bau der Straße (die alte Verbindung nach Ruhla lag weiter westlich zwischen den Häusern) und der Eisenbahn so eng, dass man den Eingang zum Gotteshaus sozusagen um die Ecke rum verlegen musste. Wie man auf dem Foto erkennen kann, fuhr die Bahn direkt daran vorbei. Der alte zugemauerte Spitzbogen-Eingang ist noch zu erkennen. Die Bahntrasse ist jetzt der Fußweg.






Haltepunkt Heiligenstein

(Wegpunkt "HP Heiligenstein", Koordinaten N 50° 54.729 E 010° 23.290)

Ein Haltepunkt Heiligenstein war beim Bau der Strecke nicht vorgesehen. Erst durch Anträge von Bürgern wurde er zweieinhalb Monate nach Aufnahme des Personenverkehrs auf der Strecke eingerichtet. Ebenso wie in Farnroda wurde hier aber "nur nach Bedürfnis gehalten." Eine einfache Wellblechhütte von 3 mal 4 Metern musste als Wartehäuschen ausreichen. Später wurde sie durch eine gleich große aber gemauerte Variante ersetzt. Bei längerer Wartezeit konnte man sich in dem nahegelegenen Gasthaus Lutherhäuschen (inzwischen abgerissen) aufhalten, in dem auch die Fahrkarten verkauft wurden und immer ein kühles Bierchen auf den Heizer und Lokführer wartete.

Der Haltepunkt Heiligenstein mit Blick Richtung Ruhla
Bild 6: Der Haltepunkt Heiligenstein mit Blick Richtung Ruhla.

Bild 7: Das Wartehäuschen
vorm 'Schweizer Haus'.


In den Jahren 1917 und 1918 ließ die Betriebsführung die Früh- und Spätzüge (Arbeiterzüge) in Heiligenstein nicht mehr halten, angeblich weil die Züge schon überfüllt waren. Das führte natürlich zu Protesten der Bevölkerung.

Nach Stilllegung der Rühler Bimmel 1967 mussten die betroffenen Pendler, Bewohner und der Ort erneut um eine Haltestelle - nun für Busse - im Ortsteil Heiligenstein kämpfen. Ein Kompromiss war dann wohl eine Haltestelle weiter Richtung Bahnhof Thal am Schreiberbrunnen.
 
Die ehemalige Bahnsteigkante ist heute noch zu erkennen.
Bild 8: Die ehemalige Bahnsteigkante
ist heute noch zu erkennen.
Zwischen dem Haltepunkt Heiligenstein und dem Bahnhof Ruhla besaß die Trasse ihre stärkste Steigung.
Ein  älteres Ehepaar, das in Thal direkt an der Strecke wohnte, erzählte mir, dass sie den Fünf-Uhr-Zug von Ruhla kommend im Schlaf kaum hörten, da er frei lief, also durch das Gefälle einfach rollte. Die Dampflok musste nicht mit hohem Dampfdruck angetrieben werden und so fehlte das typische Schnaufgeräusch. Auch wurden unterwegs immer mal verspätete Passagiere aufgenommen, denn das Anhalten bzw. Bremsen und Weiterfahren bedeutete keinen großen Aufwand.
Im Gegensatz dazu war der Anstieg besonders im Winter mit Problemen verbunden. Ein ehemaliger Angestellter des Uhrenwerkes Ruhla berichtete, dass er früh bei Schnee und Eis von Thal kommend zu Fuß schneller als die Bahn war.


Spuren

Wie auch am Haltepunkt Farnroda ist hier die alte Bahnsteigkante aus hellem kieselhaltigem Beton noch sehr gut erhalten. Sogar der Bahnsteig ist noch "begehbar" und nur zwischendrin ein Stück überbaut bzw. vereinnahmt. Der Höhenunterschied zwischen früherem Gleisbett - heute Fuß- und Radweg - und Bahnsteig dürfte auch noch passen. Da, wo einst das Wartehäuschen stand, ist heute immer noch ungenutzte Wiese. Der Gartenzaun und die Häuser im Hintergrund können als Orientierung für die Fotos oben dienen.


Textquellen

[Rockstuhl] Rockstuhl, Harald: Die Geschichte der Ruhlaer Eisenbahn, "Rühler Bimmel" 1880 - 1967; Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1997, ISBN 3-929000-62-8

[Ruhla] Stadtarchiv, Stadtverwaltung Ruhla, Carl-Gareis-Straße 16, 99842 Ruhla


Bildquellen


Bild 1: Günter Meyer, Zwickau
Bild 2: Sammlung Horst Rödger, Wutha-Farnroda
Bild 3: Inge Malsch, Wutha-Farnroda, Sammlung Horst Kehl, Ruhla
Bild 4: Günter Meyer, Zwickau
Bild 5: Inge Malsch, Wutha-Farnroda
Bild 6: Günter Meyer, Zwickau
Bild 7: Günter Fromm, Erfurt
Bild 8: Andre Geyer, Wutha-Farnroda
Mit freundlicher Genehmigung der Urheber bzw. Eigentümer.



Startseite | Geschichte | Wutha | Farnroda | Thal | Ruhla | Erkunden | Dokumente | Impressum