Geschichtlicher Überblick
Der Anfang
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Überlegungen zum Bau einer
Eisenbahnstrecke von Ruhla nach Wutha, um dem stetig wachsenden
Verkehrs- und Transportaufkommen Herr zu werden, da sich die Region
wirtschaftlich gut entwickelte. 1859 wurde der Haltepunkt Wutha an der
Thüringer Eisenbahnstrecke Eisenach-Gotha errichtet. Die Wirtschaft,
engagierte Bürger und sicherlich auch das aufstrebende Kur- und
Tourismusgewerbe kämpften viele Jahre für das Projekt.
Anfang 1880 erhielt die eigens dafür gegründete Ruhlaer
Eisenbahn-Gesellschaft die notwendigen Konzessionen und beauftragte den
Eisenbahnunternehmer Herrmann Bachstein mit der Bauausführung und der
späteren Betriebsführung. Die Finanzierung erfolgte, wie damals oft
üblich, zum Großteil über Aktienverkäufe. Die Bahnstrecke wurde in nur 4
Monaten von März bis Juli 1880 mit bis zu 400 Arbeitern, darunter viele
italienische Gastarbeiter, und überwiegend mit Spitzhacke und Schaufel
erbaut.
Am 10. Juli 1880 wurde der erste Personenzug in Ruhla feierlich empfangen.
Der Güterverkehr setzte in den darauf folgenden Monaten ein.
Bild 1: Eines der ältesten Fotos.
Bild 2: Ein Zug der Rühler Bimmel
auf freier Strecke zwischen Wutha und Farnroda.
Im Hintergrund der kleine Hörselberg.
Der Betrieb
Im Laufe des 87 Jahre dauernden Betriebes von 1880 bis 1967 gab es natürlich zahlreiche
Veränderungen und Einflüsse. Einige wichtige seien hier aufgezählt:
- Stetiger Anstieg der Fahrgastzahlen und des Gütertransportes in den
ersten 30 Jahren bis zum ersten Weltkrieg. Von Anfang an war die Stecke
rentabel. Der Oberbau (Schienen und Schwellen) wurde der steigenden
Belastung angepasst.
- Erweiterungen und Umbauten der Bahnhöfe und Haltepunkte zwischen 1910 und 1913.
- Während des ersten Weltkrieges 1914 bis 1918 stockte die Entwicklung
und der Betrieb konnte nur notdürftig aufrecht erhalten werden.
- Der Maschinenpark mit den streckeneigenen Loks "Ruhla", "Erbstrom",
76 und 77 wird ab den 1920er Jahren erst vereinzelt, später immer
häufiger, mit Loks anderer Strecken ergänzt oder ersetzt. Dabei werden
die Loks im Schnitt immer größer und leistungsfähiger.
- Weitere beeindruckende Steigerungen des Transportaufkommens bis 1940.
- Schwieriger Betrieb während des zweiten Weltkrieges, aber dennoch sehr hohe Auslastung wegen der Kriegsgüterproduktion in Ruhla.
- Relativ problemlose Fortführung des Betriebes nach dem 2. Weltkrieg.
- In den 50er und 60er Jahren werden trotz stetig hoher Auslastung nur die notwendigsten Unterhaltungsarbeiten durchgeführt.
- Ab 1965 führt der ausgebaute Busverkehr zum Fahrgastzahlenrückgang.
Rekonstruktionspläne werden zu Gunsten des Straßenausbaues
zurückgenommen. Die Betriebsführung wird rationalisiert und
Dienststellen geschlossen.
Die Entwicklung der Rühler Bimmel in Bezug auf Eigentümer,
Fahrgastzahlen und eingesetzte Zugpaare und Lokomotiven ist in folgender
Grafik mit Zeitachse dargestellt.
Bild 3: Zeitachse - zum Vergrößern anklicken!
Das Ende
Bild 4: Die letzte Fahrt.
Anwohner in Farnroda schmücken die Lok.
Die letzte Fahrt der Rühler Bimmel fand am 23. September 1967 statt. Als
bekannt wurde, dass die Bahnstrecke stillgelegt werden soll, wurde
intensiv über das Für und Wider diskutiert. Ein Zeitzeuge: "Die
vorstehende Einstellung der Bimmel war natürlich ein dauerndes
Gesprächsthema und viele sagten eine Katastrophe voraus. Aber die
Realität war eine völlig marode Technik und man war froh, wenn alles gut
ankam. Eine Sanierung der Strecke hätte sicher auch eine Neutrassierung
erforderlich gemacht und hätte sehr viel Geld verschlungen."
Bild 5: Die letzte Fahrt kurz vorm Bahnhof Ruhla.
Immer wieder kam es zu Entgleisungen, die zum Glück ohne größere Schäden
ausgingen. Der stetig zunehmende Straßenverkehr konkurrierte mit der
Bahn um Verkehrsraum (insbesondere an den Engstellen) und um Fahrgäste.
Busse konnten flexibler eingesetzt und mit ihnen mehr Fläche - sprich
Nachbarorte - bedient werden.
Unmittelbar auf die Schließung erfolgte der Rückbau der Gleise, der ca.
zwei Monate dauerte. Die Bahnhofsgebäude wurden anderen Verwendungen
zugeführt. Der Personentransport wurde
vom öffentlichen Nahverkehr mit Bussen übernommen. Der Warentransport
erfolgte mit LKW im Rahmen einer eigens gegründeten Be- und
Entladegemeinschaft "Erbstromtal".
Textquellen
[Rockstuhl] Rockstuhl, Harald: Die Geschichte der Ruhlaer Eisenbahn, "Rühler Bimmel" 1880 - 1967; Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1997,
ISBN 3-929000-62-8
[Ruhla] Stadtarchiv, Stadtverwaltung Ruhla, Carl-Gareis-Straße 16, 99842 Ruhla
[Wikipedia] Wikipedia, Ruhla, Geschichte, URL http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhla, abgerufen am 30.10.2012
Bildquellen
Bild 1, 2: Schautafeln zur Ruhler Eisenbahn in Wutha-Farnroda an der B7
Bild 3: Andre Geyer, Wutha-Farnroda
Bild 4, 5: Sammlung Matthias Krettek, Ruhla
Mit freundlicher Genehmigung der Urheber bzw. Eigentümer.