Kopf Rühler Bimmel von Wutha nach Ruhla 1880 bis 1967

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Langschwellen in der Uferböschung.
Bild 1: Langschwellen in der Uferböschung.
Zwischen Thal und Ruhla

Als Zufahrt zum Bauhof der Stadt Ruhla führt bei Kilometer 6,1 (Wegpunkt "Ruhla - Bauhof", Koordinaten N 50° 54.663 E 10° 22.960) eine Brücke über den Erbstrom. Von der Brücke aus kann man flussabwärts die umfangreiche Verbauung von Langschwellen in der steilen Uferböschung sehen. Eine Walzzeichen-Jahreszahl ist nicht mehr zu erkennen, aber ca. hundert Jahre dürften sie hier schon dem Wasser ausgesetzt sein.

Zwischen dem Haltepunkt Heiligenstein und dem Bahnhof Ruhla gab es kurz hintereinander drei Gleisanschlüsse für ortsansässige Firmen:

Die Flächen werden weiterhin für Gewerbeansiedlungen genutzt. Von den Anschlüssen sind immerhin noch die zurückspringenden Zäune bzw. Grundstücksgrenzen erkennbar.

Betonsockel.
Bild 2: Betonsockel.
Am Wegpunkt "Betonsockel" (Koordinaten N 50° 54.558 E 010° 22.680) kann man im Winter und Frühling oben an der südlichen Wegböschung zwei alte Betonsockel sehen. Auf dem linken liegt noch ein verrottender Holzauflagebalken. Auf diesen und weiteren Fundamenten ruhte ab ca. 1950 eine Dachkonstruktion über dem Ladebereich des Gleisanschlusses der Uhren- und Maschinenfabrik Ruhla.




Empfangsgebäude und Bahnsteig
Bild 3: Empfangsgebäude und Bahnsteig
Der Bahnhof Ruhla

(Wegpunkt "Bahnhof Ruhla", Koordinaten N 50° 54.233 E 010° 22.211)
 
Endstation der Rühler Bimmel war der Kopfbahnhof Ruhla. Er lag am nördlichen Ende und somit  unterhalb der Stadt zwischen der Industrieansiedlung des damaligen Metall- und Uhrenwerkes Thiel und den Wohnhäusern an der Alexandrastraße - heute "Am Wasserfall". Diese Gegend wurde auch Bahnhofvorstadt genannt.

Alte Karten des Stadtarchivs Ruhla verraten, dass der sich hier früher dahinschlängelnde Erbstrom bei der Erschließung auf die Südostseite der Bahnhofsfläche verlegt und begradigt wurde. 1911 bis 1913 erfolgte der Ausbau des Bahnhofs mit neuem Lokomotivschuppen, Kohleschuppen, Bahnsteigverlängerung und (vermutlich) der Vergrößerung des Empfangsgebäudes. Der Fluss wurde dabei noch einmal verschoben und in eine 2,50 Meter hohe Betonrinne gezwängt. Dass diese nicht ausreichte, zeigen die zahlreichen Überschwemmungen des Bahnhofsgeländes. Heute ist der Erbstrom in diesem Abschnitt komplett kanalisiert.
Die steile Zufahrt
Bild 4: Die steile Zufahrt von unten gesehen.
Links im Bild der Lokschuppen.
Ausfahrt aus dem Bahnhof.
Bild 5: Ausfahrt aus dem Bahnhof.


Das Gebäude beherbergte die zwei Wartesäle für die II. und III. Klasse, eine Gastronomie, eine "Kammer für den Restaurateur im Obergeschoss" (alte Bezeichnung für den Wirt) und die Dienstzimmer für das Bahnpersonal. Es war das größte und mit reichlich Schnitzwerk an den Balkenköpfen und Sparren versehene Bahnhofsgebäude der Rühler Bimmel.
Übrigens: eine I. Klasse gab es auf der Strecke nicht, zeitweilig gab es aber Wagen der IV. Klasse.
 
Kurz vor dem Abriss
Bild 6: Kurz vor dem Abriss.
von der Straßenseite aus
Bild 7: Von der Straßenseite aus.

Die obenstehenden Aufnahmen zeigen das Ruhlaer Bahnhofsgebäude kurz vor seinem Abriss im November 1997. Auf dem ersten Foto ist im Hintergrund die Tankstelle (gelb, heute grün) zu erkennen.
Das Gelände wurde bis dahin als Busbahnhof genutzt. Das Gebäude war allerdings schon sehr baufällig und nicht mehr zugänglich. Heute befindet sich eine Firma für Elektroanlagenbau an dieser Stelle.

Gleisplan

Gleisplan Bahnhof Ruhla
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Streckenerweiterungen

Laut Archivdokumenten wurde 1906 ein Entwurf bzw. Antrag für einen Gleisanschluss der oberhalb des Bahnhofes gelegenen Uhren- und Maschinenfabrik Gebrüder Thiel eingereicht, der eine Weiterführung der Gleise bis auf das Fabrikgelände beabsichtigte. Dieser wurde aber wieder ohne Angabe von Gründen zurückgezogen.

Auch gab es immer wieder Phantasien oder wenig konkrete Pläne, die Strecke bis nach Bad Liebenstein weiter zu führen, oder an eine ebenfalls nur ausgedachte Verbindung von Friedrichroda über Tabarz und Winterstein in das südthüringer Gebiet führende Strecke anzuschließen. Man befand sich ja im Eisenbahnzeitalter - heute würde man sagen "im Eisenbahn-Hype". Wirtschaftliche Aspekte, geografische Gegebenheiten (Steigungen, Tunnel?) und nicht zuletzt die beiden Weltkriege ließen solche Ideen wieder platzen.

Die Bachsteinsche Eisenbahnverwaltung hatte im ersten Weltkrieg nach ihrer Darstellung nicht einmal genug Personal und Material, um einen wegen häufigen Diebstählen geforderten Zaun um das Bahnhofsgelände zu bauen oder einen Zufahrtsweg zu befestigen. [Ruhla]


Kriegsgeschichte

"Da Ruhla aus der Luft betrachtet etwas versteckt im Tal eingeengt liegt und damals über einen Kopfbahnhof verfügte, war der Salonwagen von Compiégne, der Unterzeichnungsort der Waffenstillstände zwischen Deutschland und Frankreich, von Ende 1944 bis März 1945 in Ruhla versteckt und ständig bewacht." [Wikipedia]

Wer mehr über diesen Wagon und seine Geschichte erfahren möchte, dem sei das folgende Buch empfohlen: "Geheime Fahrt ins Vierte Reich?: Von Hitler erbeutet - in Thüringen zerstört" von Crawinkel Förderverein Alte Mühle e.V. (Herausgeber), Dankmar Leffler (Autor), Klaus-Peter Schambach (Autor), Heinrich-Jung-Vlgsges.; Auflage: 1., Aufl. (15. März 2012), ISBN-13: 978-3943552027
Gitterweiche  

Auf dem Gelände des Bahnhofes Ruhla gab bis 1956 es noch ein Kuriosum, dass mit dem starken Gefälle der Bahnstrecke gleich im Anschluss an den Bahnhof zusammen hing und nur auf wenigen anderen Nebenstrecken in Deutschland existierte: eine sogenannte Gitterweiche. Damit keine "entlaufenen" Wagen die Steilstrecke runter rollten, gab es eine Schutzweiche, die in der Normalstellung immer auf ein ebenes Gleis mit Prellbock (und/oder Sandbett) führte. Diese hier in Ruhla ließ sich erst für die reguläre Ausfahrt des Zuges umstellen, wenn sich der Weichensteller in eine Art Gitterkäfig einschloss. Und den konnte er erst dann wieder verlassen, wenn er die Weiche wieder in die Grund- bzw. Schutzstellung gebracht hatte. Ein einfacher und wirkungsvoller Sicherheitsmechanismus, der auch noch zur Belustigung der Fahrgäste diente.


Gitterweiche der Trusebahn
Bild 8: Gitterweiche der Trusebahn
Bei der Suche nach einer Abbildung einer solchen Gitterweiche wurde ich in einem Eisenbahnforum auf ein Foto in dem Buch "Die Trusebahn" von [Dietsch] hingewiesen. Am Bahnhof Herges-Vogtei gab es ebenfalls eine Schutz- bzw. Gitterweiche. Wie die Abbildung zeigt, handelt es sich eher um einen kleinen Bretterverschlag mit einer Eisengittertür, der über dem Weichenstellhebel stand, und nicht, wie häufig angenommen, um einen offenen Gitterkäfig. Mit der Vorstellung von seinem ungefähren Aussehen konnte ich das Ruhlaer Gitterweichenhäuschen auf einem alten Foto in [Rockstuhl] ausfindig machen. Allerdings darf man sich nicht durch die Perspektive der Aufnahme täuschen lassen. Der Gepäckwagen steht auf einem erhöhten Abstellgleis. Deshalb wirkt das Häuschen an der nach unten führenden Bahnhofsausfahrt noch kleiner, als es ohnehin schon war.


Textquellen

[Rockstuhl] Rockstuhl, Harald: Die Geschichte der Ruhlaer Eisenbahn, "Rühler Bimmel" 1880 - 1967; Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1997, ISBN 3-929000-62-8

[Ruhla] Stadtarchiv, Stadtverwaltung Ruhla, Carl-Gareis-Straße 16, 99842 Ruhla

[Dietsch] Dietsch, Steffen: Die Trusebahn, Von der Feldbahn zur schmalspurigen Kleinbahn; in EK-Reihe Regionale Verkehrsgeschichte: Band 10; EK-Verlag, Freiburg, 1996; ISBN 3-88255-421-5

[Wikipedia] Wikipedia, Ruhla, Geschichte, URL http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhla, abgerufen am 30.10.2012


Bildquellen

Bild 1, 2: Andre Geyer, Wutha-Farnroda
Bild 3, 4: Günter Meyer, Zwickau
Bild 5: Joachim Wollmert, Seebach
Bild 6, 7: Thomas Kirchhof, Ruhla
Bild 8: Klaus Kieper, Ahrensfelde
Bild 9: Sammlung Matthias Krettek, Ruhla
Mit freundlicher Genehmigung der Urheber bzw. Eigentümer.



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